Ecosystem-Orchestrator für die Deutsche EUDI-Wallet
Die Einführung der EUDI-Wallet in Deutschland, basierend auf der novellierten eIDAS-Verordnung, stellt eine zentrale Herausforderung dar, um bis 2026 eine sichere, digitale Identitätslösung für Bürger bereitzustellen. Ziel ist es, ein umfassendes Ökosystem zu schaffen, das öffentliche Institutionen, privatwirtschaftliche Akteure und Regulierungsbehörden integriert. Dieses Ökosystem soll nicht nur technische Standards und Prozesse etablieren, sondern auch die Akzeptanz der Bürger fördern und die rechtlichen Rahmenbedingungen gewährleisten.
Die Autoren dieses Whitepapers schlagen eine Public-Private-Partnerschaft in Form einer Genossenschaft als neutralen Ecosystem-Orchestrator vor. Diese Genossenschaft soll:
- Democratic Governance bieten, mit transparenter Kontrolle und Einflussmöglichkeiten für alle Mitglieder.
- Kostendeckendes Finanzierungsmodell durch Mitgliedsbeiträge und Sonderzuwendungen implementieren.
- Zentrale Aufgaben wie Zertifizierung von Wallets, Registrierung von Verifizierungsstellen und Förderung der Kommunikation zwischen Akteuren übernehmen.
Herausforderungen für die neue Bundesregierung
Die Bundesregierung ist durch die Verordnung [(EU) 2024/1183] dazu verpflichtet, bis Ende 2026 eine EUDI-Wallet für alle Bürger bereitzustellen, in der Ausweisdaten in elektronischer Form sicher gespeichert werden können. Die vollständige Umsetzung des EUDI-Wallet Ökosystem hat bis 2027 zu erfolgen. Das Bundesinnenministerium bereitet seit Mai 2023 die Konzeptionierung und Umsetzung der deutschen Wallet-Lösung federführend vor. Um die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern zu fördern, ist es nicht nur erforderlich, die technische Infrastruktur bereitzustellen, sondern auch ein umfassendes Ökosystem aufzubauen. In diesem Ökosystem interagieren privatwirtschaftliche Akzeptanzstellen, zertifizierte Vertrauensdienste, öffentliche Einrichtungen aus Bund und Ländern sowie Regulierungsbehörden und Zertifizierungsstellen miteinander. Der Aufbau eines solchen Ökosystems stellt eine hochkomplexe Aufgabe dar. Sie erfordert die Etablierung von Standards und Prozessen, die von allen beteiligten Privatunternehmen und öffentlichen Institutionen geteilt und umgesetzt werden können. Dabei steht die Berücksichtigung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund. Zudem müssen alle rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten, die missbräuchliche Nutzung persönlicher Daten verhindert und ein attraktives Investitionsumfeld für die Unternehmen der Privatwirtschaft geschaffen werden.
Aufbau des EUDI-Wallet Ökosystems als Public-Private Partnership mit neutraler Governance
Die Autoren dieses Whitepapers plädieren für eine Public-Private-Partnerschaft als Ecosystem Orchestrator, die sich in einer Genossenschaft organisiert. Die Genossenschaft hat den Zweck, die Interessen aller Genossenschaftsmitglieder – also aller Akteure im EUDI-Wallet Ökosystem – gleichermaßen zu fördern. Die Genossenschaft benötigt eine demokratische Governance, die Einfluss, Kontrolle und Transparenz ggü. den Mitgliedern ermöglicht. Sofern die Genossenschaft selbst keine Investitionen tätigt, sollte ihre Satzung eine not-for-profit Klausel beinhalten, sodass lediglich die Kosten gedeckt werden müssen, die sich am Bedarf der Mitglieder orientieren.
Die Genossenschaft sollte durch die nachstehenden Organe gesteuert werden.
- General Assembly:: Bildet das höchste Entscheidungsgremium der Genossenschaft. Jedes Mitglied erhält ein Stimmrecht. Die Summe der Stimmen von Nicht-Europäischen bzw. investierenden Mitgliedern darf 25% nicht überschreiten.
- Management Board: Führt das Tagesgeschäft und übernimmt die Verantwortung für die Umsetzung der Governance und der Strategie.
- Supervisory Board: Bildet das Kontrollorgan des Vorstands.
- Ecosystem Coach: Stabstelle als Mediator zwischen den Akteuren zur Offenlegung und Management von Interessenskonflikten.
Öffentliche Institutionen sollten die Genossenschaft gründen, ein Regelwerk in Form einer Satzung definieren und den Beitritt von Akteuren der Privatwirtschaft ermöglichen. Es sind dabei sämtliche Akteure der Rollen aus der eIDAS-Novelle wie bspw. PID-Provider, Pub-EAA-Provider, (Qualified) Trust Service Provider, Wallet Provider und Trust List Provider einzubinden.
Finanzierungskonzept: DieFinanzierung der Betriebskosten erfolgt durch Mitgliedsbeiträge. Werden temporärMittel für bestimmte Zwecke benötigt, kann eine Finanzierung in Form von Sonderzuwendungen der Mitglieder erfolgen.
Aufgaben: Interessen der Mitglieder fördern, Kommunikation zwischen den Mitgliedern erleichtern, Wallets zertifizieren, Verifizierungsstellen registrieren, rechtliche Fragestellungen klären, öffentliche Kommunikation bündeln, Durchdringung der EUDI-Wallet messbar machen, Schnittstellen bereitstellen, etc.
Opt-Out: Die Mitgliedschaft kann ordentlich gekündigt werden. Erkenntnisse aus einer Risikoanalyse zu Opt-Out Szenarien sollten bei der Erstellung der Satzung berücksichtigt werden.
Fazit
Um das Ökosystem für die deutsche EUDI-Wallet aufzubauen ist ein neutraler Ecosystem-Orchestrator erforderlich, der gemeinsam mit öffentlichen und privatwirtschaftlichen Organisationen ein Ökosystem für die deutsche EUDI-Wallet aufbaut. Dies kann, wie vorliegend aufgezeigt, durch eine Genossenschaft abgebildet werden, in der alle Akteure des Ökosystems kartellrechtskonform und strukturiert kooperieren.
Über die Autoren
Die IDunion SCE mbH ist die Nachfolgeorganisation eines vom BMWK-geförderten Konsortiums im Programm „Schaufenster sichere digitale Identitäten“. Die Europäische Genossenschaft wurde durch ihre Mitgliedsunternehmen mit dem Betrieb eines digitalen Vertrauensankers beauftragt.